Hail to the King – so möchte man rufen, wenn man sich das gestern (24. März 2023) erschienene Album anhört. Nach Ihrem Debut im Jahre 2020 mit dem Album “Hammer of the Gods” begann für Viking Queen aus Norwegen eine strapaziöse Reise mit vielen Wechseln in der Bandbesetzung. Doch offensichtlich sind die Jungs jetzt am Ziel angekommen. Erschienen ist das Album über SF RECORDS (Sentralforlaget) in Norwegen und wird auch auf CD und Vinyl erhältlich sein.

Viking Queen – Hail to the King on @Spotify

Der neue Sänger

Vor nicht allzulanger Zeit fügte die Band rund um Manager und Bandgründer Geir Miranda den aus Chile stammenden Sänger Francisco Gomez hinzu – eine männliche Stimme, um die ehemals von Marthe Elisabeth gesungenen Titel weiterzuführen. Nun, das gestaltete sich eher schwierig in Anbetracht der Vorlagen, die ja auf eine weibliche Stimme ausgerichtet sind.

Transformiert

Somit transformierte die 5-köpfige Band kurzerhand von der Viking Queen zum “Viking King”, und das tat der Kreativität der Band offensichtlich sehr gut. Sicherlich ist es von Zeit zu Zeit gut, in ein Album mit Drachen und Königreichen einzutauchen – den aktuellen Zeitgeist spiegelt das allerdings nicht wider. Und genau an diesem Punkt kam die Band Viking Queen nun auch an.

In einem Interview im Frühstücksfernsehen auf der Radiostation Galaxy107fm (Neuseeland) gab Frontmann Francisco preis, das neue Album würde unterschiedliche, persönliche Standpunkte aufgreifen und diese in Songs abbilden. Das Songwriting auf dem Album wurde also aus reinen Geschichtslehrstunden aus der Vikingerzeit mehr ins “heute” portiert. Eine hervorragende Idee, möchte ich meinen.

Die Bandbesetzung

Zur letztjährigen Bandbesetzung aus Francis Gomez (Gesang). Bandveteran Robert “Robban” Hoffstaetter (Gitarre), Andreas Wilhelmsen (Gitarre) und Bassist Roy Sandåker gesellte sich erst kürzlich Schlagzeuger Izzy Prat hinzu. Kurz darauf begannen die Aufnahmen zum Album im “Badabing” Tonstudio” in Norwegen. An dieser Stelle ein dickes Lob an Toningenieur und Produzent Robert Hauge dem es gelungen ist, einen wirklich frischen, fetten Mix mit einer wunderbaren Transparenz an den Tag zu legen.

Aufeinander eingespielt

Zwei der Songs auf dem Album wurden 2022 bereits vorab als Singles veröffentlicht (‘Fight for Glory’ und ‘Attitude’). Ich muss gestehen, dass mich diese beiden Releases vom letzten Jahr nicht einnehmen konnten, was aber hauptsächlich dem mittelmäßigen Soundmix geschuldet war. Offensichtlich wurden beide Tracks jetzt für das Album neu aufgenommen und gemixt – jetzt sitzen sie genau richtig! Offenbar hat es einfach ein wenig Zeit gebraucht, um die doch sehr frische Crew aufeinander einzuspielen.

Altbewährte Riffs im neuen Gewand

Doch nun zu den Songs. Beim ersten Hören der “Hail to the King” Tracks war ich zunächst ein wenig irritiert, denn mit dem ersten Album hat diese Scheibe bestenfalls die harmonische Stilistik gemeinsam, danach hören die Übereinstimmungen auch schon auf. Schlagzeuger Izzy Prat – der ganz offensichtlich aus der progressiven Ecke kommt – spart nicht mit Synkopen und zahllosen Mini-Breaks und Stoppern. Die Gitarrenarbeit war da schon eher gewohntes Gefilde; beide Gitarristen prägen die Songs im Style der 80er (was man auf dem ersten Album bereits wahrnehmen kann). Roy Sandåker am Bass brilliert mit seinem 5-Saiter und füllt die – meiner Meinung nach gezielten Arrangement-Freiräume – gekonnt mit tiefsten, warm klingenden Highlights.

Die große Überraschung

Die größte Überraschung offenbarte mir allerdings Viking Queen Sänger Francisco Gomez. Während er in “Fight for Glory” noch mit klarer Stimme singt, offenbart er ab “Punishment” immer öfter ansatzweise grummelndes Growlen, welches sich von Song zu Song immer mehr ausweitet und auch durchsetzt.

Fight for Glory

Die überarbeitete Version der bereits 2022 veröffentlichten Single und die erste offizielle Zusammenarbeit zwischen Viking Queen und Sänger Francisco Gomez. Höhepunkt des Stilmixes aus Hardrock Bausteinen und durchaus bluesigen Gitarrenparts ist ganz klar der eingängige Chorus.

Punishment

“Punishment” erinnert mich stark an die wohlbekannten Stilelemente der frühen Queensryche, und doch schafft es Francis mit seinen gesanglichen Fähigkeiten den Song für sich zu erobern und etwas modernes, neues daraus zu gestalten.

Freedom is Illusion

‘Freedom is Illusion’ ist als Mitsing-Hymne angelegt und hat genretypisch dementsprechend viele Chorus-Wiederholungen im letzten Drittel des Stücks. Die Gitarrenfraktion beherrscht (wie auch auf den anderen Songs des Albums) ihr Handwerk, hier ist es Schlagzeuger Izzy Prat der den Song mit wohlplatzierten Breaks mehr in den progressiven Stil der Neuzeit führt.

Shadowhunter

“Shadowhunter” ist die Nummer Vier auf dem Album und startet ganz klar mit einem klassischen Blues-Riff. Ab hier passiert es; Francis startet in tieferer, kräftiger Tonlage, arbeitet sich in Mittellage vor. Der Chorus ist ein schöner Ohrwurm, der Songspeed fällt eher balladesque aus. Ein sauber ausgearbeiteter zweistimmiger Gitarrenpart rundet das Erscheinungsbild ab. Dieser Song ist ganz klar mein persönliches Highlight auf der Scheibe. Geschrieben wurde er übrigens vom Urgestein der Band, Robert “Robban” Hofstaetter.

Attitude

Attitude – re-recorded für’s Album – klingt in dieser Version deutlich räumlicher und fährt die bei der Singleauskopplung schmerzlich vermisste Tiefe auf. Meine persönliche Wahrnehmung signalisiert mir allerdings, dass dieser Song aus einem frühen Entwicklungsstadium der Zusammenarbeit stammt. In meinen Ohren “holpert” er mehr als zum Beispiel der nächste Titel. Stilistisch würde er ganz gut auf ein frühes Album von Judas Priest passen.

Valhalla can wait

“Valhalla can wait” – man möchte meinen hier kommt eine Kriegerhymne im Stile von Manowar, was aber weit gefehlt ist. Im Prinzip liegt hier ein Lovesong vor. “… I just wanna spend the rest of my life with you …” heisst es da im Text. Riff, Vers und Prechorus zeigt fröhliche Party Rock Anleihen à la Twisted Sister durchsetzt mit Drumbreaks, die den Songflow immer wieder aufs neue resetten. Im Chorus belohnen Viking Queen den geneigten Hörer mit echter Warrior-Metal Qualität. Zum Ende des Tracks kommen dann Backgroundvocals der ganzen Band ins Spiel mit “Warriors”, “Nordmen”, “Hey” und eher düsteren, grimmigen Klängen unterlegt. Sicherlich ein sehr persönlich interpretierbarer Song. Mir erschließt sich die künstlerische Gesamtaussage momentan noch nicht.

Berzerk

Als siebter Titel findet sich “Berzerk” auf dem insgesamt 44 minütigen Album. Eine geschmeidige Midtempo-Nummer mit einer melodiösen, einprägsamen Gesangslinie. Überraschend ist jeweils die Passage am Ende jedes Chorus’, die in Double Time für die harmonische und melodiöse Abwechslung sorgt.

Gods and Visions

Die Nummer acht – “Gods and Visions” – started mit treibendem Rhythmus und bietet Francis eine gute Gelegenheit, seine Gesangslinie zwischen klarem und growlendem Flavour wechseln zu lassen. Das Arrangement im Chorus ist durchaus dramatisch und auch gelungen. Sehr abwechslungsreich gestaltet, mit Background Vocals, Drumfills, diversen Guitarlicks und Riffs.

Flight of the Valkyries

“Flight of the Valkyries” bewegt sich eher in düstere Gefilde, ich meine, ein wenig Black Sabbath aus dem Rezept herauszuhören. Nach dem Intro wird der Kenner und Liebhaber von Judas Priest ganz sicher Parallelen finden. Allerdings – und das macht es hörenswert – nicht in den klassischen Konventionen, sondern auf eine sehr eigene Art. Hauptsächlich ist es auch hier Francis, der mit seiner Stimme einen sehr eigenen Charakter aufprägt.

Hail to the King

Der letzte Song auf dem Album ist der Titelsong des Albums “Hail to the King”. Hier finden sich all die Elemente, die der Hardrocker von einer Vikingerband erwartet. Stilistisch irgendwo zwischen Iron Maiden und Manowar angesiedelt, legt sich Francis mit klarer Stimme über die ausführlichen Doublebass-Passagen.

Fazit:

Viking Queen – Hail to the King ist ein gelungenes Album, welches dem Hardrockhörer mit frischem, aktuellem Sound und gekonnten, altbewährten Riffs aufwartet. Die Arrangements sind meist unkonventionell, was dem ganzen Album einen sehr eigenen Touch verleiht. Die Gitarrenarbeit ist solide und gekonnt. Wenn auch nur wenige Elemente für den heutigen Standard überraschen, so sind doch unendlich viele kleine, liebevolle Details und eine unbändige Spielfreude zu erhören. Sänger Francis verleiht jedem Viking Queen Song einen Charakter, den ich als einzigartig bezeichen möchte. Aus klanglicher Sicht ist der Band und dem Tonstudio mit diesem Album ein echtes Meisterwek gelungen.

Wie bei vielen großen Bands geschieht hier ganz klar eine Orientierung und musikalische Entwicklung in die richtige Richtung. Ganz persönlich möchte ich mir mehr von Francis’ agressiven Gesangselementen gepaart mit zweistimmigen Gitarrensoli wünschen. Viking Queen – Hail to the King ist ganz klar das Album einer Band auf dem Weg zu echter Größe.

Review geschrieben von Jørg Klein, 25.03.2023.